Erster Abwasserstrafbescheid für 2006 bestätigt jahrelange Warnungen der Bürgerinitiative (BI) Pro Weißenfels – BI fordert konsequente Aufklärung und Bestrafung der Verantwortlichen – Bereits im November 2006 Aufforderungen des Betriebsführers an die Fa. Tönnies zur Einhaltung des Einleitvertrages sowie spätere Androhung einer möglichen Abwälzung der erhöhten Abwasserabgabe auf Tönnies – Weitere Strafbescheide folgen – Zunahme der Einleitwertverstöße in 2010 – Tönnies überschreitet vielfach zulässige Einleitmenge

 

Die drohende Millionen-Strafe für Weißenfels ist die traurige Bestätigung der jahrelangen Warnungen der Bürgerinitiative Pro Weißenfels. Seit Bekannt werden der Überschreitungen von 2006/07 hatte die BI gemeinsam mit dem Bund für Umwelt- und Naturschutz Sachsen Anhalt (BUND) auf diese Konsequenzen hingewiesen. Alle Verantwortlichen bei Betreiber, Betriebsführer, Verbandsversammlung und Stadtrat waren darüber informiert und hätten weitere Überschreitungen zumindest in den Folgejahren unterbinden müssen. Stattdessen wurden die Warnungen der Bürger ignoriert, die Betriebsicherheit der Kläranlage (KA) Weißenfels nie gesichert hergestellt, so dass Einleitwertgrenzüberschreitungen auch in allen Folgejahren zu weiteren erheblichen Strafbescheiden in Millionenhöhe führen werden.

Es gehört öffentlich untersucht, warum der Abwasserzweckverband Weißenfels (ZAW) sowie die Verbandsvorsitzenden der ZAW-Abwasserversammlung, Herr OB Rauner und später Herr OB Risch, ein solch unverantwortliches Betriebsregime duldeten, und trotz der bekannten Überlastungssituation diese mit weiteren Abnahmevertragserhöhungen gegenüber Tönnies vom 14.02.2007 und 08.12.2009 sogar noch verschärften. Diese Vorgänge bedürfen einer dringenden Aufarbeitung. Der Verursacher ist endlich zu ermitteln und in Haftung zu nehmen, damit Weißenfels nicht selbst belastet wird. Denn wie auch immer Weißenfels die Gelder aufbringen wollte (Neuverschuldung, Haushaltseinsparung), auf jeden Fall müssten die Bürger dafür aufkommen.

Hinsichtlich eines möglichen Verursachers hatten der ZAW und die Stadtwerke Weißenfels als Betriebsführer offensichtlich selbst Hinweise, die man nun der Öffentlichkeit vorenthält. So wurde die Fa. Tönnies bereits im November 2006 und nochmals im Juni 2007 direkt angeschrieben und explizit zur Einhaltung der vertraglichen Vereinbarungen (Abwassermenge und Fracht) aufgefordert. Laut Stadtwerke wurde Tönnies auch über eine verursachergerechte Umlage einer evtl. erhöhten Abwasserabgabe informiert. Der BUND hatte Ende 2007 gewarnt, dass zahlreiche Indizien vorliegen, dass die Überschreitungen gerade der Parameter „Gesamter organischer Stickstoff“ und „Ammonium-Stickstoff“ mit den staatsanwaltschaftlich bestätigten, wiederholten und erheblichen Schlachtkapazitäts-überschreitungen der ansässigen Fleischwerk Weißenfels GmbH der Fa. Tönnies in Verbindung stehen. So wurden in den konkret untersuchten Monaten April- Juni 2006 sowie November/Dezember 2006 erhebliche Überschreitungen in der Schlachtung nachgewiesen, wobei statt 8.500 Schweine bis zu 13.000 Schweine (=1.500 t Lebendgewicht) täglich verarbeitet wurden. Die zwangsläufig anfallenden erhöhten Abwasserfrachten wurden durch den Betriebsführer der KA eindeutig festgestellt und Tönnies informiert, dass diese unter Umständen zu Überschreitungen der Überwachungswerte führen könnten. Die folgenden Routineuntersuchungen der Behörde am 08.01.2007 und 26.02.2007 stellten bekanntlich Grenzwertüberschreitungen fest.

Der vom ZAW am 10.01.2008 völlig verspätet vorgelegte Maßnahmekatalog, welcher angeblich Grenzwertüberschreitungen gesichert ausschließen sollte, blieb wirkungslos. Anstatt jetzt spätestens die Notbremse zu ziehen, ließen die Verantwortlichen die Dinge laufen und riskierten so Umweltverschmutzung und Strafmillionen. Die BI bezweifelte bereits damals, dass der Zweck dieser vorgegebenen Maßnahmen tatsächlich vorrangig in der Erreichung einer gesicherten Betriebsstabilität bestand, sondern nach hiesiger Ansicht die nächste Schlachtabwassermengenerhöhung mit vorbereitete. Diese erfolgte im Dezember 2009. Denn der Maßnahmekatalog beinhaltete mehrheitlich Erweiterungen und Veränderungen der privaten Vorbehandlungsanlagen des Fleischwerks. Dabei wurde eine 2. Flotationsanlage von Tönnies in 2008 sogar ohne Genehmigung gebaut und betrieben und erst 3 Monate später von der Behörde „pseudolegalisiert“. Die skandalösen Vorgänge diesbezüglich sind auch Bestandteil des noch laufenden immissionsschutzrechtlichen Klageverfahrens gegen die Schlachtkapazitätserweiterung auf 20.000 Schweine pro Tag.

Seit den Klärwerkausbauten von 1997 und zuletzt von 2001 ist allen Verantwortlichen hinlänglich bekannt, dass der Standort im Saaletal ungeeignet und ausgereizt ist. Im Rahmen des Wahlkampfes im Jahre 2008 hatte Robby Risch die Kläranlagenerweiterung zur Schlachtkapazitätserhöhung noch abgelehnt bei Kenntnis der schon damals drohenden Abwasserabgabenbescheide. Dennoch setzte er als Leiter der Verbandsversammlung bis März 2010 die nicht transparente und für Umwelt und Stadt schädliche Strategie seines Vorgängers Manfred Rauner fort. Es ist unverantwortlich, dass der Fa. Tönnies weitere Einleitungen vertraglich zugesichert wurden, obwohl vorab die Aufarbeitung verschiedener Rechtszustände auf der Kläranlage durchzuführen war und besonders die grundsätzliche Eignung für weitere Erweiterungen hätte geprüft und das Ergebnis abgewartet werden müssen. Stattdessen wurde bereits in der Bauleitplanung 2004 und im BImSch-Verfahren 2007 zur Fleischwerkserweiterung vom ZAW und der Stadtverwaltung eine abwassertechnische Absicherung vorgetäuscht, und damit dem Ergebnis des damals nicht einmal gestarteten Planfeststellungsverfahrens für den Ausbau der KA unzulässig vorgegriffen. Auch die Fa. Tönnies besaß offensichtlich hellseherische Fähigkeiten auf den Ausgang dieses gesetzlich vorgeschriebenen Verfahrens. Sie schrieb bereits 2006, dass die Abwasserentsorgung für 20.000 Schweineschlachtungen / Tag durch die geplante Erweiterung des kommunalen Klärwerkes abgesichert sei.

Als Höhepunkt des verantwortungslosen Verhaltens der ZAW-Verbandsversammlung unter Leitung von OB Risch ist zu werten, dass wissentlich der drohenden Strafbescheide, der Auslastungssituation der KA sowie bekannter Einleitwertüberschreitungen einer nochmaligen beträchtlichen Erhöhung der Abwasserfracht von Tönnies im Dezember 2009 um weitere 400m3 von 2.100 m3 auf 2.500 m3 pro Tag mehrheitlich zugestimmt wurde. Es ist Fakt, dass seit Gültigkeit dieses Vertrages ab 01.01.2010 gehäuft Einleitwertüberschreitungen registriert werden. Der BI sind allein 6, z.T. erhebliche Überschreitungen bekannt, letztmalig vom 23.11.2010. So wird für das laufende Jahr ein Abwasserstrafbescheid in noch größerer Millionenhöhe wie für 2006 auf die Stadt zukommen, falls nicht endlich ein oder mehrere Verursacher vom ZAW ermittelt werden. Diese prekäre Lage der Stadt hielt die Fa. Tönnies indessen nicht davon ab, die erhöhte Einleitmenge von 2.500 m3 pro Tag in 2010 vielfach zu überschreiten. Der BI liegen Protokolle des ZAW vor, nach denen in den ersten 9 Monaten von 2010 die zulässige Tagesmenge von Tönnies bereits 29-mal, und bis zu 264 m3 Abwasser am Tag überschritten wurde.

 

Die BI fordert umgehend:

  1. Die Rückführungen auf einen betriebssicheren Zustand der Kläranlage mit den entsprechenden Zulagen für Spitzenzuläufe sofort umzusetzen.
  2. Eine transparente und öffentliche Ursachenforschung unter Bürgerbeteiligung, um den oder die Verursacher zu ermitteln, so dass eine Übernahme der Millionenstrafe durch die Stadt und damit zwangsläufig durch die Bürger verhindert wird.
  3. Die Überprüfung der Abwasserabnahmen aller Großeinleiter und die Rücksetzung etwaiger Abwasserabnahmeerhöhungen wie zuletzt bei der Fa. Tönnies, damit weitere Grenzwertüberschreitungen grundsätzlich ausgeschlossen werden können.
  4. Neben dem Verursacher auch die Verantwortlichen beim KA-Betreiber (ZAW), Betriebsführer (Stadtwerke) sowie die ehemaligen Verbandsvorsitzenden Manfred Rauner und OB Risch, auf ihre jeweilige persönliche Haftbarkeit zu überprüfen.
  5. Den Stopp der kostspieligen Klärwerkserweiterungsplanung, da diese weder vernünftiger Weise geboten, zulässig, standortgerecht noch umweltverträglich ist.

                               

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