Leserbrief zum MZ-Artikel: Minister mahnt Investitionseile, veröffentlicht am 14.06.2010

 

Die in diesem Artikel dargestellten Sachverhalte zeigen wieder einmal deutlich, wer die Politik im Land bestimmt - die Wirtschaft. Da drängt der Finanzminister Bullerjahn den Geschäftsführer des Tönnies-Fleischwerkes in Weißenfels schnell noch die künftigen Investitionen umzusetzen, um noch alle möglichen Fördergelder (gezahlt von allen Bürgern) mitzunehmen, bevor das große Sparen anfängt. Folgerichtig liefert dann das Ernährungsgewerbe Lobeshymnen auf ihre Unternehmen und stellt die guten Exportchancen in den Vordergrund. In diesem Sachverhalt verkennt der Minister sämtliche Zusammenhänge der Kritik der Bürger des Landes Sachsen-Anhalt an Teilen des Ernährungsgewerbes und der industriellen Landwirtschaft. Gerade diese Bereiche erfahren eine Mehrfachförderung, angefangen bei Fördertöpfen auf Städte- und Gemeindeebene, Landes- und Bundesfördermittel bis hin zu Finanzspritzen der EU. Ohne diese Mittel würde es sich betriebswirtschaftlich nämlich nicht rechnen und den wahnwitzigen Vorstellungen, die halbe Welt mit „Lebensmitteln“, deren Qualität mehrfach in der Kritik steht, von wenigen Standorten in  Deutschland aus zu versorgen, wäre schon längst ein Riegel vorgeschoben worden. Export ist gut und wichtig, aber nur solange er auch sinnvoll ist. Wenn hier ganze Landschaften überproportional mit Gülle bepflastert werden, Gülle mehrere hundert Kilometer weiter „exportiert“ wird, weil man nicht mehr weiß, wohin damit, zeigt doch eindeutig, dass das Maß der Verträglichkeit eindeutig überschritten ist.

 

Da kann man überall über schrumpfende Bevölkerungszahlen lamentieren. Wenn aber die Politik hier nicht regulierend eingreift, wird die Abwanderung gerade im ländlichen Bereich sich verstärken. Riesenmastanlagen in Sachsen-Anhalt als Basis für die Fleischversorgung der Weltbevölkerung, mitfinanziert durch Steuergelder aller Bundesbürger (die Bürger der BRD stützen mehrfach finanziell die Lebensmittel der Exportempfangsländer), haben zu keiner Schaffung von neuen Arbeitsplätzen geführt,  sondern sie nur an wenigen Orten konzentriert.

 

Zusätzlich zu den bis 2008 existierenden Mastanlagen in Sachsen-Anhalt kommen nun noch 17 schon genehmigte Anlagen und weitere 25 sind beantragt. Dass diese Anlagen nichts mehr mit den sonst üblichen kleineren Anlagen in Ortsnähe zu tun haben, ist eindeutig aus den zur Genehmigung beantragten Zahlen zu entnehmen und genau das ist die berechtigte Kritik der Bürger vor Ort. Solche Strukturen benötigt aber ein Tönnies-Fleischwerk, um global agieren zu können. Und unter dem Deckmantel der Arbeitsplätze holt die Politik den „roten Teppich“ hervor und rollt ihn gewinnbringend für einige Privatunternehmen aus.

 

Dass Tönnies scheinbar selbst nicht so genau weiß, wie viel Beschäftigte man hat (MZ 02.6.2010 „mehr als 2000“ / MZ 15.6.2010 „1850 Beschäftigte“), ist von den Befürwortern  zu hinterfragen.  Ich denke, Herr Bullerjahn wäre gut beraten, die Dinge im Zusammenhang zu betrachten. Mit gespaltener Zunge „nötigt“ man die Bevölkerung zum Sparen und reicht andererseits hingebungsvoll immense Finanzmittel an Unternehmen, deren Bedarf dort nicht zwingend gegeben ist.

 

C. Wanzke

  

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